Beweglichkeit

Die Beweglichkeit im sportmotorischen Sinne ist das Vermögen körperliche Bewegungen mit einer gewissen Schwingungsweite ausführen zu können. Der mögliche Spielraum der Beweglichkeit wird zum einen von der Dehnfähigkeit der Muskeln oder Gelenke, zum anderen aber auch von der Kontrolle über diese bestimmt.

Beweglichkeit ist also eine Kombination aus Flexibilität und Mobilität.

Im Flexibilitätstraining geht es um die Steigerung der Beweglichkeit im Umfang, beim Mobilitätstraining spielt dann auch die Kontrolle bzw. die Qualität der Bewegung eine große Rolle.

Warum Beweglichkeit so wichtig ist

Je älter wir werden, desto geringer scheint unsere Beweglichkeit. Dies wird zum einen durch den Alterungsprozess unseres Gewebes beeinflusst, da die Zellen sich nicht mehr optimal erneuern können. Hauptsächlich liegt es jedoch am zunehmenden Bewegungsmangel und an unserem zunehmend inaktiven Lebensstil. Als Kleinkinder erkunden wir die Umgebung, rennen, klettern oder springen durch die Gegend. Viele Kinder sind in einem Sportverein und bewegen sich regelmäßig mehrmals die Woche. Wenn wir dann älter werden, nimmt die Zeit, in der wir uns bewegen, ab. Aus diesem simplen Grund, dass wir uns viel weniger bewegen, wird unsere Beweglichkeit immer geringer.  Aber ist das schlimm bzw. was hat das mit unserer Gesundheit zu tun?

Der Bewegungsapparat hat mehrere Grundfähigkeiten, die er benötigt, um leistungsfähig zu sein und alle Aufgaben des Alltags meistern zu können. Neben Stabilität und guten Bewegungsmustern ist Beweglichkeit eine dieser Fähigkeiten. Fast jeder Erwachsene hatte in seinem Leben schon mal Verspannungen oder Schmerzen, sogenannte muskuloskelettale Probleme. Also alles, was mit Muskeln und dem Skelett zu tun hat. Zudem kommen teilweise Dysfunktionen und Bewegungsdefizite. All diese Probleme liegen häufig daran, dass der Bewegungsapparat Teile seiner Grundfähigkeiten verloren hat.

Unser Körper besteht aus vielen verschiedenen Bausteinen. Für eine gute Stabilität und Beweglichkeit sind neben Bändern, Sehnen und Faszien vor allem Gelenke und Muskeln verantwortlich. An manchen Stellen des Körpers, wie zum Beispiel dem unteren Rücken, sollten wir zu viel Bewegung vermeiden. Dieser Bereich sollte stabil sein. Andere Stellen, vor allem die Schultern oder die Hüfte, sollten möglichst beweglich bleiben. Deshalb ist es schwierig pauschale Aussagen zu treffen und zu sagen: je beweglicher du bist, desto besser. Es gibt Bereiche im Körper, die ganz bewusst nicht zu beweglich sein sollten.

Ist dein Schultergelenk nicht beweglich genug, kann das sehr schnell zu Verspannungen im Schulter-Nacken-Bereich kommen. Besonders einseitige Belastungen führen in diesem Bereich schnell zu einem überanstrengten Muskel und somit zu Problemen. Beim Hüftgelenk ist das ähnlich: Wenn sich dein Becken nicht frei bewegen kann, muss der Körper die fehlende Beweglichkeit kompensieren und belastet dadurch andere Strukturen zusätzlich, obwohl diese gar nicht dafür gedacht sind. In diesem Fall die Lendenwirbelsäule und der untere Teil des Rückenstreckers. Dr. Eric Cobb, ein weltweit führender Experte auf dem Gebiet sagt:

„Ein gestörtes Gelenk führt zu einem gestörten Muskel.“

Um zu erfahren, wie deine Schulter- und Hüftbeweglichkeit ist und wie beweglich sie sein sollte, kannst du HIER einen Selbsttest machen.

Wie verbessere ich meine Beweglichkeit?

Um eine für den Körper ausreichende Beweglichkeit zu erlangen, brauchst du kein stundenlanges Dehn- oder Mobilitätsprogramm durchzuführen. Wichtiger ist es sich regelmäßig und abwechslungsreich im Alltag zu bewegen.

Bist du im Job viel auf den Beinen und arbeitest körperlich? Dann achte auf Gegenbewegungen und Ausgleichsübungen, damit deine Gelenke und Muskeln nicht einseitig beansprucht werden. Strecke die Arme über deinen Kopf oder baue eine leichte Hüftdehnung ein. Arbeitest du im Büro oder hast eine vorwiegend sitzende Tätigkeit? Dann baue alle 1-2 Stunden eine aktive Pause ein und integriere so Übungen für die Beweglichkeit in den Alltag.

Hier sind vor allem zwei Techniken besonders effektiv: das statische Dehnen und das dynamische Mobilisieren. Beim statischen Dehnen bringst du den Zielmuskel kontrolliert auf Länge und hältst diese Position für ca. 20-60 Sekunden. Dynamisches Mobilisieren bedeutet das Gelenk in seinem aktuell größten Bewegungsradius durchzubewegen. Beispielübungen sind das Schulterkreisen, Kopfrotationen oder Fußkreisen. Weitere Übungsideen findest du bei unseren TRAININGSKARTEN. Drucke sie dir am besten aus und platziere sie als Erinnerung an deinem Arbeitsplatz oder in deiner Wohnung.

Dehnen beim Sport

Dehnen oder nicht Dehnen? Diese Frage beschäftigt die Sportwissenschaft bereits seit Jahrzehnten. Allerdings meistens in einem spezifischen Kontext, dem Nutzen für die sportliche Leistungsfähigkeit.

"Soll ich vor oder nach dem Training dehnen?"

Intensives statisches Dehnen sollte weder vor noch direkt nach dem Training durchgeführt werden. Diese Methode zu verwenden, um an seiner Flexibilität zu arbeiten, funktioniert besser im kalten Zustand ohne, dass im Anschluss daran eine dynamische Bewegung folgt. Viele Studien belegen mittlerweile, dass statisches Dehnen beim Aufwärmen die Leistung mindert und die Verletzungsanfälligkeit erhöht. Um den Körper auf die kommende Belastung vorzubereiten, empfiehlt es sich dynamisches Mobilisieren oder dynamisches Dehnen in das Aufwärmen zu integrieren.

Literatur für Interessierte

  1. Patrick Meinart: Zurück zur Beweglichkeit (2020)
  2. Aguilar et al 2012, J Strength Cond Res: A dynamic warm-up model increases quadriceps strength and hamstring flexibility
  3. Van Gelder & Bartz 2011, Journal of Strength and Conditioning Research: The effect of acute stretching on agility performance
  4. Haddad et al 2014, J Strength Cond Res: Static Stretching can impair explosive performance for at least 24 hours